Aus dem Institut für
Parasitologie und Tropenmedizin der Freien
Universität Berlin, Fachbereich
Veterinärmedizin, Prof. Dr. E. Schein.
Die Babesiose des Hundes ist eine
gefährliche und rasant verlaufende
Erkrankung. Normalerweise tritt sie gehäuft
im Frühjahr, seltener im Herbst, auf. In
dieser Zeit sind die Überträger Zecken, die
Auwaldzecken (Dermacentor reticulatus),
besonders aktiv. Sie kommen hauptsächlich in
den etwas wärmeren Ländern südlich von
Deutschland, wie Frankreich, Spanien,
Italien, aber auch in Ungarn sowie in den
Balkanländern vor. Dort sind sie nicht nur
auf dem Land, sondern auch in den
Parkanlagen der Städte zu finden. Aber auch
in Deutschland, besonders in der
oberrheinischen Tiefebene kommen sie vor und
können dort ebenfalls die Babesiose
übertragen. Der bei uns einheimische und
allgemein bekannte Holzbock (Ixodes ricinus)
dagegen kann sie nicht übertragen.
Bereits bei den ersten Sonnenstrahlen im
zeitigen Frühjahr lauern die Auwaldzecken an
den Grasspitzen, selbst wenn in der Umgebung
noch Schnee liegt. Sie klammern sich bei
Berührung sofort an den Haaren eines
vorbeistreifenden Hundes fest, suchen eine
geschützte Hautstelle, betäuben diese mit
ihrem Speichelsekret und beginnen sich mit
ihren Mundwerkzeugen in die Haut
einzubohren. Hat der Stechrüssel ein kleines
Blutgefäß angebohrt, beginnt die Zecke mit
dem Blutsaugen. Der Zeckenspeichel
verhindert dabei die Blutgerinnung.
Gleichzeitig werden die Babesien, die sich
in den Speicheldrüsen der Zecke vermehrt
haben, in die Blutbahn abgegeben. Sie
befallen sofort die roten Blutkörperchen und
beginnen sich durch Teilung explosionsartig
zu vermehren, wodurch die roten
Blutkörperchen zerstört werden. Die
freigewordenen Babesien befallen neue
Blutkörperchen, in denen Sie sich wiederum
vermehren.
Der Hund reagiert darauf anfangs mit Fieber,
später mit zunehmender Mattigkeit und
Fressunlust. Nach einigen Tagen haben sich
die Babesien so stark vermehrt, dass der
massenhaft anfallende rote Blutfarbstoff
über die Nieren mit dem Harn ausgeschieden
wird. Der Urin verfärbt sich dann dunkelrot
bis schwarz.
Viele Tierhalter erkennen erst zu diesem
Zeitpunkt den Ernst der Lage und suchen
einen Tierarzt auf - oftmals ist es dann
schon zu spät. Die Babesien können auch noch
andere Krankheitserscheinungen verursachen:
Die mit Babesien befallenen roten
Blutkörperchen verstopfen die kleinen
Blutgefäße im Gehirn und die Tiere fallen
wegen einer Unterversorgung des Gehirns mit
Sauerstoff ins Koma und sterben.
Je schneller die Erkrankung erkannt und je
früher eine geeignete Behandlung eingeleitet
wird, desto größer sind die Chancen für eine
Heilung. Bei den ersten Anzeichen von
Mattigkeit nach einem Zeckenbefall im
Urlaubsland sollte deshalb sofort ein
einheimischer Tierarzt aufgesucht werden. Er
ist mit der Erkrankung vertraut und wird
gezielt untersuchen. Zur Behandlung der
Babesiose stehen gut wirksame Medikamente
zur Verfügung, die aber nur dann helfen,
wenn noch nicht zu viele rote Blutkörperchen
zerstört worden sind.
Der Import von Krankheiten
Hunde, die ihre Besitzer auf Reisen ins
Ausland begleiten, können sich mit den
beschriebenen Krankheiten anstecken. Sie
stellen aber auch eine stetig wachsende
Gefahr für die einheimischen Hunde dar, da
über sie beispielsweise die Babesiose nach
Deutschland eingeschleppt wird, wo sie
ursprünglich nie vorkam. Dies geschieht auf
zwei Wegen. Zum einen werden von den
reisenden Vierbeinern unbemerkt
Dermacentor-reticu-latus-Zecken nach
Deutschland gebracht, die die Erreger der
Babesiose in ihren Speicheldrüsen
beherbergen. Zum anderen kann sich die in
einigen Gebieten Deutschlands heimische
Überträgerzecke durch Saugen an einem mit
Babesiose infizierten Hund anstecken. Da die
Zecken in der Lage sind, die Babesien auf
ihren Nachwuchs zu übertragen, werden immer
mehr Zecken zum Träger des Erregers. So ist
seit etlichen Jahren bekannt, dass im Raum
Kehl/Offenburg/Lahr/Emmendingen/Freiburg
(Breisgau) Dermacentor-reticulatus-Zecken
vorkommen, die mit Babesien infiziert sind.
Hunde, die dort leben, laufen somit Gefahr,
durch das Ansaugen einer Zecke an Babesiose
zu erkranken. In einer tiermedizinischen
Fachzeitschrift war kürzlich zu lesen, dass
nun auch im Süden von München so ein Herd
existiert. Mehrere Hunde, die nie in ihrem
Leben Deutschland verlassen haben, waren an
Babesiose erkrankt. Untersuchungen ergaben,
dass sie alle auf der gleichen Wiese
regelmäßig Auslauf erhielten, bei einigen
von ihnen wurden
Dermacentor-reticulatus-Zecken gefunden.
Zeitschrift Lebendige
Tierwelt 2000